Konjunkturprogramm Berlin plant 500-Euro-Konsum-Gutschein
Die Bundesregierung arbeitet angesichts der sich verschärfenden Konjunkturkrise an einer Aufstockung des bisherigen Wachstumspakets. Nach Informationen des Handelsblatts wird etwa über Konsum-Coupons in Höhe von 500 Euro nachgedacht. Alles in allem stehen zusätzliche Ausgaben von mehr als 15 Milliarden Euro zur Debatte.
BERLIN. "Wenn die beschlossenen Instrumente nicht ausreichen, werden wir mit weiteren Milliarden die Konjunktur stützen", sagte ein hoher Regierungsbeamter dem Handelsblatt. Denkbar sei unter anderem die Ausgabe von Konsum-Gutscheinen, mit denen gezielt die Binnenwirtschaft angekurbelt werden könne, hieß es in Regierungskreisen weiter.
Im Gespräch ist ein Betrag von 500 Euro, erfuhr das Handelsblatt aus Regierungskreisen. Entscheidet sich die Regierung, allein die 30 Millionen sozialversicherungspflichtig beschäftigten Arbeitnehmer zu unterstützen, kostet das den Fiskus im nächsten Jahr zusätzlich 15 Mrd. Euro. An den Details der möglichen Ausgabe von Coupons wird noch gearbeitet - so etwa an der Idee, das 500-Euro-Geschenk mit der Verpflichtung zu verknüpfen, dass der Bürger beim Einlösen zusätzlich eigenes Geld investieren muss.
Eine Entscheidung über die milliardenschweren Kaufanreize will die Regierung allerdings erst Anfang nächsten Jahres treffen. Zunächst will die Große Koalition abwarten, ob das bereits beschlossene Konjunkturpaket ausreicht, um die Auswirkungen der internationalen Wirtschaftskrise abzufedern und Massenentlassungen zu verhindern. Kanzlerin Angel Merkel kündigte gestern an, dass bereits im Januar das Programm der Regierung überprüft werden soll. Eine entsprechende Vereinbarung habe sie mit Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier getroffen. Zunächst müsse man aber die aktuellen nationalen Maßnahmen und das noch folgende EU-Paket wirken lassen, sagte Merkel während des deutsch-französischen Regierungstreffens in Paris.
Andere Staaten reagieren weniger zögerlich auf die sich abzeichnende weltweite Rezession. Der künftige US-Präsident Barack Obama hat ein Konjunkturpaket angekündigt, mit dem er 2,5 Millionen neue Jobs schaffen will. Der britische Premier Gordon Brown will mit Steuersenkungen den Wirtschaftsabschwung aufhalten: Vorübergehend soll die Mehrwertsteuer in Großbritannien von 17,5 auf 15 Prozent gesenkt werden. Einen solchen Schritt lehnten Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ab.
Im Vergleich zu den Plänen in den USA und Großbritannien fällt das deutsche Konjunkturpaket mit einem Umfang von jährlich sechs Mrd. Euro für 2009 und 2010 deutlich bescheidener aus: Es enthält einen KFZ-Steuererlass für Neuwagenkäufer, günstigere Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen und eine bessere Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen für Privatleute. Außerdem werden Investitionen und Gebäudesanierungsprogramme ausgeweitet. Auf eine Summe von 32 Mrd. Euro kommt das Paket mit der schon beschlossenen Erhöhung des Kindergelds und der Senkung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags.
Noch wehrt sich Berlin gegen die Wünsche seiner internationalen Partner, mehr gegen die Krise zu tun. Im Umfeld von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), aus dessen Ressort die Idee mit den Gutscheinen stammt, betont man jedoch, dass die Regierung entschlossen handeln werde, sollte sich die Lage zu Beginn des Jahres 2009 weiter verschlechtern - worauf auch die jüngsten Ergebnisse des Ifo-Geschäftsklimas hindeuten.
Im Finanzministerium hält man die Ausgabe von Konsum-Gutscheinen insbesondere deshalb für einen geeigneten Konjunkturimpuls, weil anders als bei allgemeinen Steuersenkungen nicht die Gefahr besteht, dass das zusätzliche Geld gespart wird. "Mit einem solchen Instrument können wir sicher für eine Stärkung der Binnenwirtschaft sorgen", hieß es im Finanzressort.
Im Wirtschafts- und im Finanzministerium rechnen die Experten inzwischen mit einem Einbruch auf minus ein Prozent im kommenden Jahr - entgegen der offiziellen Regierungsprognose von minus 0,2 Prozent. Aus heutiger Sicht werde "etwa in der Größenordnung minus eins" auch die neue Regierungsprognose liegen, die im Januar veröffentlicht wird. Daher müsse dringend etwas zur Belebung des Konsums getan werden.
Für schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme tritt nun sogar einer der härtesten Verfechter ausgeglichener Haushalte ein, der frühere EU-Generaldirektor Klaus Regling. "Die Finanzkrise erscheint wie ein Erdbeben und eine Flut gleichzeitig und trifft alle EU-Staaten", schreibt Regling in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt.