30.09.2011
 

Schuldenkrise in Griechenland

Demonstranten stören Troika-Gespräche

Foto: REUTERS

Sie blockieren Zugänge zu Ministerien, skandieren wütende Parolen gegen den Sparkurs: In Athen verzögern Demonstranten die Gespräche zwischen griechischer Regierung und der Troika aus EU, EZB und IWF. Am Nachmittag gingen auch Studenten auf die Straße.

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Athen - Demonstranten haben in Athen den zweiten Tag in Folge die Gespräche mit der Troika gestört. Nach übereinstimmenden Agenturberichten haben mehrere Dutzend Regierungsbedienstete die Zufahrten zum Verkehrsministerium blockiert. Sie wollen die internationalen Inspektoren daran hindern, das Ministerium zu betreten. Die Vertreter von EU, Europäischer Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds (IWF) wollten am Freitagvormittag den griechischen Verkehrsminister Jannis Ragousis treffen.

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Laut einem Reporter der Agentur Reuters mussten die Wagen der Inspektoren umkehren. Das Treffen wurde verschoben. Die Staatsbediensteten protestierten gegen bevorstehende Entlassungen im öffentlichen Bereich. Am Nachmittag demonstrierten nach ersten Schätzung 2000 Schüler und Studenten im Zentrum Athens gegen die Sparpolitik der Regierung .

Auch vor dem Verteidigungsministerium kam es zu Protesten: Ehemalige Mitarbeiter, darunter auch frühere Offiziere der Armee, demonstrierten zum ersten Mal in der Geschichte des Landes im Hof des Verteidigungsministeriums gegen Kürzungen ihrer Pensionen. Der griechische Verteidigungsminister Panagiotis Beglitis verurteilte die Aktion: Er sagte, die Proteste seien von den Oppositionsparteien motiviert.

Beamte sollen bis zu 1500 Euro weniger verdienen

Die Troika beriet am Freitag auch mit Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos über Möglichkeiten zur Verschlankung des Staats. Wie es aus dessen Ministerium hieß, sollen künftig Beamte in Griechenland nicht mehr als 2700 Euro monatlich verdienen. Für etwa zehn Prozent der Beamten bedeute dies einen Einkommensverlust von monatlich bis zu 1500 Euro. Der Mindestlohn beim Staat soll 780 Euro sein.

Beim Treffen im Verkehrsministerium sollte es um die umstrittene Öffnung von Berufsständen im Verkehrswesen gehen, wie es aus Ministeriumskreisen hieß. Lastwagen- und Taxibesitzer sperren sich gegen die Reform und sorgen mit Streiks immer wieder für Verkehrschaos in Athen.

"Wir werden nicht nachgeben"

Der Streit mit den Taxibesitzern dauert mittlerweile fast drei Monaten an. Im Juli hatten die Taxifahrer 19 Tage lang gestreikt. Auch am Donnerstagabend demonstrierten sie vor dem Parlament in Athen. Zuvor hatten sie abermals zwei Tage lang gestreikt: "Wir werden nicht nachgeben. Es wird Blut fließen", skandierten die Demonstranten.

Bislang sind die Taxilizenzen auf etwa 14.000 für Athen und insgesamt etwa 30.000 für ganz Griechenland limitiert. Eine Lizenz kostete noch vor kurzer Zeit bis zu 150.000 Euro. Mit der von der EU geforderten Öffnung des Berufsstandes könnte jeder eine Taxilizenz für etwa 3000 Euro erwerben. Die Taxis sind in Griechenland hauptsächlich in der Hand einzelner Fahrer. Diese sagen jetzt, sie würden mit der möglichen Öffnung des Berufes praktisch entschädigungslos enteignet. Ähnlich ist die Situation mit den Lastwagenbesitzern.

Steinbrück: Noch jahrelang Griechenland-Hilfen

Der Streit um Lizenzen ist nur ein Zankpunkt bei den Gesprächen zwischen Athen und den Geldgebern. Nachdem die Troika der internationalen Inspektoren Anfang September überraschend abgereist war, sollten die Gespräche mit der griechischen Regierung ursprünglich am Donnerstag fortgesetzt werden. Gegner des Sparkurses hatten mehrere Ministerien besetzt und den Experten einen wütenden Empfang bereitet.

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Bei den Verhandlungen mit der Troika geht es um die Auszahlung der nächsten Tranche über acht Milliarden Euro aus dem Rettungspaket. Dazu hatte Griechenland neue, harte Einsparungen ankündigen müssen. Ohne das Geld könnte die Regierung keine Gehälter und Renten mehr auszahlen und würde auf eine Staatspleite zusteuern. Experten rechnen damit, dass Griechenland die Hilfen bekommen wird.

Nach Ansicht von Ex-Finanzminister Peer Steinbrück wird Athen jedoch noch jahrelang von ausländischen Hilfen abhängig sein. Dass Griechenland nahezu insolvent sei, sei endlich einmal öffentlich zuzugeben, sagte der SPD-Politiker am Donnerstagabend in den ARD-"Tagesthemen". "Man kann es auch drastischer formulieren und sagen, die werden in den nächsten Jahren nicht auf die Kapitalmärkte zurückkehren", fügte Steinbrück hinzu.

Er zeigte sich zudem sicher, dass bald über einen Schuldenschnitt Griechenlands entschieden werde. Davon würden "auch viele oder eine Reihe von privaten Gläubigern" betroffen sein.

fab/dpa/Reuters

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