Guido Westerwelle

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Guido Westerwelle, 21. Juni 2010

Guido Westerwelle (* 27. Dezember 1961 in Bad Honnef) ist ein deutscher Politiker. Er war von 1994 bis 2001 Generalsekretär und ist seit 2001 Bundesvorsitzender der Freien Demokratischen Partei (FDP). Ferner war Westerwelle von 2006 bis 2009 Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion und Oppositionsführer im Deutschen Bundestag. Seit dem 28. Oktober 2009 ist er Bundesminister des Auswärtigen im Kabinett Merkel II und Stellvertreter der Bundeskanzlerin, umgangssprachlich auch Vizekanzler genannt.

Inhaltsverzeichnis

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Leben [Bearbeiten]

Westerwelle mit seinem Lebensgefährten Michael Mronz (2009)

Westerwelles Eltern sind beide Rechtsanwälte. Er wuchs mit drei Brüdern bei seinem alleinerziehenden Vater auf.

Westerwelle besuchte ein Gymnasium, wechselte nach dem ersten Jahr aber zur Realschule Oberdollendorf, Königswinter, da seine schulischen Leistungen am Gymnasium als nicht ausreichend erachtet wurden. Die Realschule schloss er mit der mittleren Reife ab.[1][2] Nach der Realschule wechselte er auf das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Bonn, wo er 1980 sein Abitur machte. Danach begann er ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Bonn, welches er 1991 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete.[1] 1994 wurde er an der FernUniversität in Hagen mit einer Dissertation zum Thema Das Parteienrecht und die politischen Jugendorganisationen zum Doktor der Rechtswissenschaften (Dr. jur.) promoviert. Seit 1991 als Rechtsanwalt zugelassen, arbeitete Westerwelle bis zu seiner Wahl zum Generalsekretär der FDP 1994 in der Bonner Anwaltskanzlei seines Vaters Dr.Dr. Heinz Westerwelle.

2001 stimmte er der Nennung seines Namens in dem Nachschlagewerk Out!, das Personen des öffentlichen Lebens auflistet, die schwul, lesbisch oder bisexuell sind, ausdrücklich zu.[3] Westerwelle vollzog sein Outing im Sommer 2004.[4] Vor ihm erklärte 2001 Klaus Wowereit (damals Regierender Bürgermeister von Berlin), dass er homosexuell ist; Ole von Beust folgte ihm 2003. 2004 war also das Outing eines Spitzenpolitikers für die bundesdeutsche Gesellschaft kein Novum mehr.

Guido Westerwelle lebt in Bonn und Berlin und ist Mitglied der Evangelischen Kirche im Rheinland.[5] Seit dem 17. September 2010 lebt er mit Michael Mronz, Manager des deutschen CHIO in Aachen und Bruder des früheren Tennisprofis Alexander Mronz, in eingetragener Partnerschaft.[6]

Parteilaufbahn [Bearbeiten]

FDP-Chef Guido Westerwelle im Wahlkampf 2009

Westerwelle ist seit 1980 Mitglied der FDP. Hier zählte er zu den Mitbegründern der Jungen Liberalen. 1983 wurde er in einer Stichwahl gegen Andreas Reichel als Nachfolger von Hans-Joachim Otto deren Bundesvorsitzender; ein Amt, das er bis 1988 behielt. Seit 1988 ist er Mitglied des FDP-Bundesvorstandes. Von 1993 bis 1999 war er außerdem Vorsitzender des FDP-Kreisverbandes Bonn. Als sein Vorbild nannte er Hans-Dietrich Genscher.

Von 1994 bis 2001 war er unter den Parteivorsitzenden Klaus Kinkel und Wolfgang Gerhardt Generalsekretär der FDP. In dieser Funktion hatte er maßgeblichen Anteil an der Neuformulierung des aktuellen Parteiprogramms, den Wiesbadener Grundsätzen, und leitete die Kommission, die das Programm ausarbeitete.

Am 4. Mai 2001 wurde er auf dem Bundesparteitag in Düsseldorf mit großer Mehrheit als Nachfolger von Wolfgang Gerhardt zum bis dahin jüngsten Bundesvorsitzenden der FDP gewählt. Er positionierte die Partei vor allem in der Bildungs- und Wirtschaftspolitik. Sein angestrebter Kurs war der einer „unabhängigen Alternative zu CDU/CSU und Rot-Grün“ und die Schaffung einer Äquidistanz zu den beiden Volksparteien. Bei der Bundestagswahl 2002 trat er als erster Kanzlerkandidat in der Geschichte der FDP an. Die FDP zog auf Initiative von ihm und Jürgen Möllemann zum ersten Mal seit vielen Jahren ohne Koalitionsaussage in den Wahlkampf. Der Stimmenanteil der FDP verbesserte sich von 6,2 Prozent, die sie bei der Bundestagswahl 1998 erreichte, auf 7,4 Prozent. Ursprünglich geplant war ein „Projekt 18“ getauftes Wahlziel von 18 Prozent Stimmenanteil, für das Westerwelle im Wahlkampf 2002 mit dem sogenannten Guidomobil um Stimmen kämpfte. Die Art, wie er seinen Wahlkampf bestritt, trug ihm den Vorwurf ein, einen reinen Spaßwahlkampf zu führen.

2003 wurde Westerwelle erneut als Parteivorsitzender mit 79,8 Prozent der Stimmen der Delegierten wiedergewählt und 2005 auf dem Bundesparteitag in Köln wiederum mit 80,1 Prozent der Stimmen im Amt bestätigt. 2007 wurde Westerwelle mit seinem bis dahin besten Ergebnis auf dem Bundesparteitag in Stuttgart mit 87,6 Prozent gewählt.[7]

Nach der Ankündigung vorgezogener Bundestagswahlen im Mai 2005, die Westerwelle als einziger Spitzenpolitiker für den Fall eines Regierungswechsels in Nordrhein-Westfalen gefordert hatte, nominierte ihn die FDP am 23. Mai 2005 zum Spitzenkandidaten der FDP für die geplante Bundestagswahl.

Am 15. Mai 2009 wurde er mit 95,8 Prozent auf dem FDP-Bundesparteitag in Hannover als Parteivorsitzender im Amt bestätigt.[8]

Unter dem Vorsitz von Westerwelle erreichte die FDP am 27. September 2009 mit 14,6 Prozent der Stimmen ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Bundestagswahl.[9] In den Koalitionsverhandlungen mit der CDU wurde Westerwelle von vielen Medienvertretern, wegen der stark finanz- und wirtschaftspolitischen Ausrichtung seiner Partei, als künftiger Bundesfinanzminister gesehen; er wurde jedoch Bundesaußenminister.[10]

Abgeordnetentätigkeit [Bearbeiten]

Am 8. Februar 1996 rückte Westerwelle für den ausgeschiedenen Abgeordneten Heinz Lanfermann in den Deutschen Bundestag nach. Am 2. Juli 2005 wurde Westerwelle mit 48 von 49 abgegebenen Stimmen zum FDP-Kandidaten des Wahlkreises Bonn gewählt, in dem er bei der Bundestagswahl 2002 rund 14 Prozent der Erststimmen erhielt. Am 10. Juli 2005 wählte die nordrhein-westfälische Landeswahlversammlung in Gütersloh Westerwelle mit 93,1 Prozent der Stimmen auf Platz 1 der Landesliste. Bei der Bundestagswahl 2005 erhielt er im Wahlkreis Bonn 8,7 Prozent der Erststimmen, bei der Bundestagswahl 2009 im gleichen Wahlkreis 19,1 Prozent der Erststimmen.[11]

Guido Westerwelle und Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Andrea Papandreou, 22. Februar 2011

Nach der Bundestagswahl 2005 vereinbarte er mit Wolfgang Gerhardt, diesem im Mai 2006 als Vorsitzender der Bundestagsfraktion nachzufolgen. Diese Entscheidung wurde von der Fraktion in einer „Vorratswahl“ bestätigt, Westerwelle bekam dabei allerdings ein deutlich schlechteres Ergebnis als Wolfgang Gerhardt bei dessen Wiederwahl zum Fraktionsvorsitzenden. Am 1. Mai 2006 trat Westerwelle das Amt an und gab es am 26. Oktober 2009 im Zuge seines Wechsels ins Bundesaußenministerium an Birgit Homburger ab.

Guido Westerwelle hat in der Legislaturperiode 2005 bis 2009 gemäß der veröffentlichungspflichtigen Angaben zu den Nebeneinkünften auf der Website des deutschen Bundestages rund 30 Vorträge gehalten, bei denen er Vergütungen von jeweils mindestens 7000 Euro erhielt. Mindestens 7000 Euro im Jahr bezog er auch jeweils als Mitglied des Aufsichtsrates des Versicherungskonzerns ARAG, sowie als Mitglied der Beiräte der Deutsche Vermögensberatung AG, der Hamburg-Mannheimer Versicherungs AG und der Unternehmensberatung TellSell Consulting GmbH.[12] Aufgrund der groben Staffelung der Auskunftspflicht der Bundestagsabgeordneten bezüglich ihrer Nebeneinkünfte in drei Stufen handelt es sich hierbei um Mindestgrößen.[13]

Positionen [Bearbeiten]

Guido Westerwelle, 7. September 2009

Äußerungen zum Arbeitslosengeld II [Bearbeiten]

Im Februar 2010 nahm Westerwelle das Hartz-IV-Urteil[14] des Bundesverfassungsgerichts zum Anlass für Kritik an dem – seiner Meinung nach – ausufernden deutschen Sozialstaat, welche er insbesondere in der Springer-Presse anschob. Auch wegen der Äußerung „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, der lädt zu spätrömischer Dekadenz ein“ wurde ihm von der Opposition und Teilen der Union soziale Kälte und Klientelpolitik vorgeworfen.[15] Diese und andere Formulierungen wurden als unangemessen kritisiert.[16] Den Vorwurf angeblicher Dekadenz hat Westerwelle nach eigenen Aussagen auf das System und nicht auf die Verhältnisse der Transferempfänger bezogen.[17]

Kernwaffen in Deutschland [Bearbeiten]

Im Oktober 2009 forderte Guido Westerwelle im Wahlkampf den Abzug aller US-Atomwaffen aus Deutschland.[18] Als Bundesaußenminister begann er die Debatte erneut im Februar 2010 mit einem Brief an die NATO.[19] Als letzter Standort von Atomwaffen in Deutschland im Rahmen der nuklearen Teilhabe gilt der Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz.

Veröffentlichungen [Bearbeiten]

Auszeichnungen [Bearbeiten]

Literatur [Bearbeiten]

Weblinks [Bearbeiten]

 Commons: Guido Westerwelle – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise [Bearbeiten]

  1. a b Vgl. Setzen, Sechs! - Schulgeschichten aus Deutschland (3/3). Experiment Schule. Dokumentarfilm von Susanne Bausch im Auftrag des SWR. Deutsche Erstausstrahlung am 22. Dezember 2005
  2. Becker, Sven; Kurbjuweit, Dirk; Neukirch, Ralf; Schmalenbach, Merle; Theile, Merlind: Der Ungemochte. In: Der Spiegel. Nr. 41, 2009 (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-67153487.html, abgerufen am 24. März 2010).
  3. Taz.de: Wie out ist Outing? Die TAZ über Outing und Zwangsouting
  4. focus.de vom 22. Juli 2004: Outing perfekt inszeniert: Focus Online Politik
  5. Evangelische Kirche im Rheinland (Link nicht mehr abrufbar)
    Guido Westerwelle: „Nächstenliebe keine staatliche Dienstleistung“
  6. Heimliche Trauung: Westerwelle und Mronz haben in Bonn "Ja" gesagt: General-Anzeiger Online
  7. Wahlergebnis Bundesparteitag 2007
  8. dts Nachrichtenagentur: Guido Westerwelle mit 95,84 Prozent als FDP-Chef bestätigt, vom 15. Mai 2009, Abgerufen am 15. Mai 2009
  9. Spiegel online Ergebnis Bundestagswahl 2009, Abgerufen am 24. Oktober 2009
  10. Hannoversche Allgemeine: Experten wollen Westerwelle als Wirtschafts- und Finanzminister
  11. Erststimmen bei der Bundestagswahl 2009 im Wahlkreis Bonn
  12. Deutscher Bundestag: Dr. Guido Westerwelle
  13. Deutscher Bundestag: Tätigkeiten und Einkünfte neben dem Mandat
  14. BVerfG: 1 BvL 1/09. 9. Februar 2010 (http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html, abgerufen am 29. März 2010).
  15. Wolfgang Jaschensky: Und täglich grüßt das Alphatier. In: sueddeutsche.de. 16. Februar 2010 (http://www.sueddeutsche.de/politik/westerwelles-medienoffensive-und-taeglich-gruesst-das-alphatier-1.66459, abgerufen am 29. März 2010).
  16. Merkel nennt Westerwelles Vorstöße befremdlich. In: ZEIT Online. 23. Februar 2010 (http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-02/merkel-westerwelle-hartz-iv, abgerufen am 29. März 2010).
  17. Lucas Wiegelmann: Westerwelle: „Ich würde auch arbeiten gehen“. In: Die Welt. 23. Februar 2010 (http://www.welt.de/die-welt/politik/article6514258/Westerwelle-Ich-wuerde-auch-arbeiten-gehen.html, abgerufen am 29. März 2010).
  18. Westerwelle will Abzug aller US-Atomraketen. In: Handelsblatt, 24. Oktober 2009 (online)
  19. Streit über Atomwaffen-Abrüstung. Westerwelle legt sich mit Clinton an. In: Der Spiegel, 25. Februar 2010 (online)
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